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Bin ich eine schlechte Mutter weil

So habe ich mir das nicht vorgestellt: Muttersein
Der gesellschaftliche Druck, wie Erziehung heutzutage gehen soll ist enorm. Dabei kriegen immer weniger Menschen in unserer europäischen“Mittelschicht“ noch Kinder und ich kann es verstehen:
War früher die Geburt selbst das Problem, sprich schmerzhaft, keine Pda, kein Kaiserschnitt, beginnt das Problem danach. Früher konnte sich die Frau im Krankenhaus erholen, heute legt man ihr das Baby (is eh süss, versteht mich nicht falsch) rund um die Uhr auf den Bauch und nennt das Bonding.
Unterstützung gibts keine mehr, weil die Großeltern ja noch arbeiten oder selbst nix wissen wollen von den kleinen. Außer an Ostern usw. um sie mit Schoko vollzustopfen, wonach der Kinderarzt gleich schimpft, denn das Kind solle sich bewegen und als Mama soll man gleich locker flockig nach der Arbeit zum Kinderturnen. Wie bitte? Was sonst noch?

Nun platzte mir der Kragen und zwar letzten Sonntag morgen: Sohnemann, der mit drei noch immer in unserem Bett schläft, nicht weil ich das für gut halte, sondern weil ich meißt am Abend um halb neun so geschafft bin, dass ich mit ihm zeitgleich einschlafe und froh bin, dass er mich schlafen lässt. Also, er wachte auf und meinte um halb sieben spiel mit mir. Ich darauf: „Bitte lass die Mama noch eine Stunde schlafen, nachher bin ich topfit!“ Er sah das überhaupt nicht ein und zerrte sehr fest an meinen Haaren. Nach einer halben Stunde sprang ich auf und sagte, so und jetzt gehe ich und zwar zu einer Fastfoodkette die um diese Zeit schon offen hatte. Zum Glück war Papa da und nicht im Nachtdienst. Ich bin nämlich die meiste Zeit mit dem kleinen allein, aber dadurch konnte ich gehen. Als alleinerziehende wäre ich schon von der Brücke gesprungen.

Der kleine weinte und sagte bleib da usw. Ich ging, nach einer Stunde kam ich und er meinte ab jetzt lass ich dich immer länger schlafen Mama. Da tat er mir leid und ich erklärte ihm, dass ich arbeiten gehe, zwar nur 20 Stunden, aber dadurch bin ich oft müde. Alle schreien bei solchen Maßnahmen auf, aber früher waren die Maßnahmen drastischer und deshalb sind viele traumatisiert; dadurch traut sich niemand mehr Grenzen zu setzen. Das ist aber total falsch. Ich liebe mein Kind, doch es gibt oft Situationen, da beneide ich Menschen ohne Kinder, so wie diese wahrscheinlich mich am Sonntag im Altersheim, wenn nur die Mütter oder Väter besucht werden, nämlich von den Kindern. Aber unsere Gesellschaft hat ja dafür Ablenkungen parat. Kitesurfen, Joggen, die Unterhaltungsindustrie ist enorm.

Ich bin Lehrerin, da kommen zu 80 Prozent an Elternsprechtagen die Mütter, da dachte ich mir schon früh na toll jetzt haben die Kinder gekriegt, jetzt kriegen sie auch noch in der Schule einen auf den Deckel. Seit ich selbst Mama bin bestelle ich nicht mehr die Eltern in die Schule. Ich danke jeder Frau die kommt, höre gut zu, gebe Tipps und selbst sollte man das Muttersein lockerer sehen. Das versuche ich mir selbst zu sagen. Die Gesellschaft schaut einen aber in so vielen Situationen schräg an, wenn man das Kind anschreit, weil man selbst nicht mehr kann usw. Ich hätte mir das Muttersein nicht so schwierig vorgestellt. Ich war als Kind auch anders, aber weil ich viel mehr Angst vor meinen Eltern hatte und so funktionierte ich.

Die Geburt ist heutzutage ein Klacks, man kann den Schmerz komplett ausschalten. Ich schlief sogar ein und musste für die Presswehen geweckt werden, doch was danach kam damit hatte ich nicht gerechnet. Schlaflos in Wien wandelte ich herum, mein Kind schlief im Winter nur im Kinderwagen, zu hause brüllte er nonstop, Schreiduelle darauf mit dem Papa beruhige doch das kind was ist da los? Ich brach zusammen, daraufhin 6 Monate Krankenhausaufenthalt. Seitdem Einnahme von Psychopharmaka plus Psychotherapie meinerseits. Das alles wissen außer meiner Familie nur sie lieber leser/in.

Wo kann ich es sonst erzählen?

In meiner Arbeit als Lehrerin? Ha Ha ich schicke ja selbst Kinder zu Psychologen. Wenn sie denken ich bin schlecht in meinem Job, im Gegenteil ich werde geschätzt.

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